Das 9 für 90 Ticket kommt!

Im Verkehrsausschuss ist so einiges los gerade, vor allem möchte ich aber ein Thema herausstellen: Das 9 für 90 Ticket. Zugegeben, der Name ist nicht wirklich griffig – und dennoch ist das 9 für 90 Ticket wegweisend – warum möchte ich Dir hier erklären.

Der zerstörerische Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist ein krasser Bruch des Völkerrechts. Die Kriegsverbrechen, die gerade in der Ukraine passieren, erschüttern uns alle zutiefst. Auch hier in der Bundesrepublik spüren wir die Auswirkungen des Krieges – insbesondere bei den hochschnellenden Energiepreisen. An der Zapfsäule, der Supermarktkasse oder den Heizkosten. Als SPD-Bundestagsfraktion ist es uns wichtig, schnell für eine Entlastung der Menschen zu sorgen, gerade für die Menschen, die zurzeit besonders unter den Preissteigerungen leiden.

Der Koalitionsausschuss hat bereits am 23. März umfangreiche Entlastungen beschlossen, unter anderem das sogenannte 9 für 90 Ticktet, das für mich als Verkehrspolitiker besonders wichtig ist. Das bedeutet, wir führen 90 Tage ein Ticket für 9 Euro im Monat („9 für 90“) ein und werden die Regionalisierungsmittel so erhöhen, dass die Länder dies stemmen können.

Damit sorgen wir nicht nur für eine enorme Entlastung, die im Geldbeutel Vieler spürbar sein wird, sondern treiben auch aktiv die Mobilitätswende voran. Der öffentliche Nahverkehr wird dadurch gerade in der aktuellen Situation für viele Bürger*innen eine notwendige, leistungsfähige und kostengünstige Alternative zum eigenen Pkw und gleichzeitig eben auch das umweltfreundlichste Verkehrsmittel neben dem Fahrrad. Dieser wegweisende Vorschlag hat vor allem erstmal viele Fragen zur Umsetzung aufgeworfen – auch bei uns. Wir sind seitdem in enger Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium, den Ländern und Verkehrsverbünden, um schnell für Klarheit zu sorgen. Fest steht jetzt: Das Ticket gilt bundesweit ab dem 1. Juni 2022 für 3 Monate für Bestands- und Neukund*innen.

Natürlich müssen wir auch weiterhin nachschärfen. Gerade die Perspektive von zum Beispiel Studierenden, Auszubildenden und Schüler*nnen darf nicht unter den Tisch fallen. Ebenso bleibt wichtig zu betonen, dass allein ein günstiges Ticket keinen leistungsfähigen ÖPNV schafft. Gerade auf dem Land mangelt es an der passenden Infrastruktur. Wenn der Bus nur zwei Mal am Tag fährt, bleibt auch das günstigste Ticket wirkungslos – und dennoch ist dieser Schritt eine unfassbare Chance für unsere Mobilitätswende. Denn das Ticket ist nicht nur eine bloße Entlastung für 90 Tage, sondern auch Grundlage für uns, wertvolle Erkenntnisse über die Potentiale des ÖPNV zu erkennen. Wir werden die Nachfrage und Nutzung in diesem Zeitraum evaluieren und vor allem Schlüsse für das weitere Vorantreiben der Mobilitätswende ziehen können. Ein bisher nie dagewesenes Pilotprojekt – mit großem Potential!

Was gibt es neues im Rechtsausschuss?

Das Thema Abstammungsrecht wird für mich gerade relativ konkret. Vereinfacht lässt es sich so zusammenfassen, dass im deutschen Recht die Mutter eines Kindes diejenige Frau ist, die das Kind geboren hat, und der Vater derjenige Mann, der mit der Mutter verheiratet ist. Für sehr viele Familien passen diese Regelungen ganz gut. Es gibt aber auch Konstellationen, die davon ausgeschlossen sind und dann sehr komplizierte Sonderregelungen verwenden müssen – zum Leidwesen der Kinder. Wenn beispielsweise zwei verheiratete Frauen ein Kind bekommen, kann dieses Kind bei der Geburt nur eine Mutter haben (die es geboren hat). Die zweite Mutter muss ein Adoptionsverfahren durchlaufen, bei dem beispielsweise die finanzielle und gesundheitliche Situation vom Jugendamt überprüft und die Wohnung inspiziert wird, ob sie auch wirklich kindgerecht ist. Erst wenn dieses Adoptionsverfahren dann abgeschlossen ist, kann das Kind seine zweite Mutter auch rechtlich haben. Wenn der gebärenden Mutter in dieser Zeit etwas zustößt, wird das Kind im schlimmsten Fall also zum Waisenkind. Eine zweite Konstellation, die aktuell nicht anerkannt wird, bilden transgeschlechtliche Eltern: Wenn also beispielsweise ein trans* Mann ein Kind zur Welt bringt, dann wird nicht etwa dieser Mann in die Geburtsurkunde des Kindes eingetragen, sondern eine fiktive Frau. Und das wird damit begründet, dass es dem Kind nicht zumutbar sei, zu wissen, dass es von einem Mann zur Welt gebracht wurde.
Ich finde, ein Kind hat das Recht, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, die rechtlich und zwischenmenschlich die Familienkonstellation anerkennt, in der es lebt. Wenn ein Kind von zwei Mütter geliebt und erzogen wird, muss auch das Rechtssystem diese Familie anerkennen und schützen. Wenn ein Kind von einem trans* Mann zur Welt gebracht wird, hat es ein Recht auf eine Geburtsurkunde, in der dieser Mann auftaucht – und zwar als der Vater, der er ist. Deshalb setze ich mich mit Leidenschaft dafür ein, dass in Zukunft rechtlich der erste Elternteil diejenige Person ist, die das Kind geboren hat – und eine für sie passende Bezeichnung („Mutter“, „Vater“ oder schlicht „Elternteil“) selbst wählen kann. Der zweite Elternteil soll auch weiterhin mit dem Gebärenden verheiratet sein, aber eben in erster Linie „zweiter Elternteil“ heißen und dann auch eine Bezeichnung wählen können.

Weil eine solche Reform auch im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, beginnen wir in der Fraktion und in der Partei gerade damit, uns verstärkt Gedanken darüber zu machen, wie so eine Reform im Detail aussehen kann. Das bedeutet, dass wir in verschiedenen Runden und mit den unterschiedlichsten Fragestellungen mit Sachverständigen (Jurist*innen, Pädagog*innen, Betroffenen und vielen mehr) beraten. Das dient uns und mir ganz persönlich (als fachlich Zuständigem) dazu, ein umfassendes Bild von der aktuellen Rechtslage, von den Problemen, von Lösungsvorschlägen und von dem weiteren Regelungsbedarf zu bekommen, der sich aus den jeweiligen Lösungsvorschlägen ergibt. Das allgemeine Ziel ist ein Gesetzentwurf, der für möglichst viele Probleme in diesem Gebiet eine gute Lösung bietet. Ich schreibe Dir gerne später mehr dazu, wenn die Beratungen weiter fortgeschritten und die Pläne konkreter geworden sind.

Das zweite Thema war am vergangenen Donnerstag der sogenannte „Trans* Day of Visbility“ (TDOV), also der Tag der Sichtbarkeit von transgeschlechtlichen Menschen. Transgeschlechtlichkeit beschreibt die Feststellung, dass der Geschlechtseintrag, der einer Person nach der Geburt aufgrund äußerer, körperlicher Merkmale zugewiesen wurde, nicht mit dem geschlechtlichen Empfinden dieser Person übereinstimmt. Trans* Personen sind deshalb immer wieder mit Erwartungen konfrontiert, die aufgrund dieses falschen Geschlechtseintrages an sie herangetragen werden.

Der TDOV ist ein Tag, an dem diesen Erwartungen explizit nicht entsprochen wird. Ein Tag, an dem trans* Personen explizit zeigen, dass es sie mit ihrer ganz individuellen Geschlechtsidentität gibt, dass auch sie wie jeder andere Mensch eine Würde haben und dass sie sich diese Würde nicht absprechen lassen. So schwer es das restliche Jahr über auch ist, diese Würde gegen all die schiefen Blicke, Beleidigungen, körperlichen Angriffe und sexualisierten Übergriffe zu verteidigen, an diesem Tag soll gemeinsam ein Gefühl von Empowerment erzeugt werden.
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Gemeinsam mit meinen Kolleg*innen Anke Hennig und Falko Droßmann habe ich diesen Tag deshalb genutzt, um in der Fraktion und darüber hinaus verstärkt zu vermitteln, dass transgeschlechtliche Menschen uns allen etwas sehr Wertvolles zeigen: Enge Geschlechternormen und die alles überschattende Zweiteilung in Mann und Frau müssen nicht mehr als zwangsläufig betrachtet werden. Das bedeutet beispielsweise, dass Männer nicht mehr zwangsläufig eine geringere Lebenserwartung haben müssen, nur weil ihnen im Kindesalter beigebracht wurde, dass ein Mann stark sein muss und beispielsweise prophylaktische Arztbesuche oder Fragen nach Hilfe deshalb „unmännlich“ seien.
Es ist mir wichtig zu vermitteln, dass wir uns allen einen Gefallen tun, wenn wir nicht zu sehr an solchen Normen festhalten und uns als Gesellschaft eher fragen, wie wir davon profitieren können, wenn sie abgebaut werden. Ich glaube zum Beispiel, dass es kaum eine Person gibt, die sich in Umkleidekabinen in der Schule wirklich wohlgefühlt hat, der all die kritischen Blicke auf den eigenen Körper nicht unangenehm gewesen sind. Ganz ehrlich, gerade in der Pubertät ist der Körper für jeden Menschen ein sensibles Thema. Deshalb wäre es doch für alle eine wirkliche Erleichterung, wenn wir individuelle Umkleidekabinen hätten, anstatt zwei Sammelumkleiden. Dass manche Menschen gerade Angst vor trans* Mädchen und trans* Frauen verbreiten, ist deshalb nicht nur unfair gegenüber diesen Menschen. Es verstellt vor allem den Blick dafür, dass wir alle von diesen Menschen etwas lernen können und sie uns dabei helfen, von dieser engen und alles überschattenden Einteilung in Mann und Frau loszukommen. Ich glaube, wir tun gut daran, diese Perspektive anzunehmen und uns unsere Offenheit für die Schattenseiten dieser Einteilung zu bewahren – auch und gerade weil sie uns im Alltag oft gar nicht mehr bewusst sind.

Was im Wahlkreis passiert ist:

Auch und gerade im Wahlkreis war in den letzten Wochen wieder einiges los, ich möchte daher nur ein paar einzelne Themen herauspicken.

So habe ich gemeinsam mit meinen Kollegen Carsten Träger (MdB) und Stefan Schuster (MdL) den Bahnhof in Weißenburg-Gunzenhausen besucht, der wie viele Bahnhöfe in der Region nicht barrierefrei ist. Nicht nur als zuständiger Berichterstatter im Verkehrsausschuss für die SPD ist mir das ein wichtiges Anliegen. Ich werde daher in den nächsten Wochen intensiv zum Thema Barrierefreiheit, vor allem an Bahnhöfen arbeiten – und bin schon jetzt mit Menschen aus der Politik, Zivilgesellschaft und der Deutschen Bahn im Gespräch.

Apropos Bahn: Auch am geplanten ICE-Werk Nürnberg bleibe ich weiter dran. Hier fand vor kurzem ein weiterer runder Tisch der Deutschen Bahn statt, an dem über das weitere Vorgehen im Rahmen des Raumordnungsverfahrens gesprochen wurde. Auch die Idee, das Werk am Nürnberger Hafen zu bauen, wurde hier diskutiert. Auch wenn sich an diesem Vormittag wenig Konkretes ergeben hat, bleibe ich natürlich weiter am Ball und begleite den Prozess.

Meine Mitgliedschaft im Verkehrsausschuss hat mich außerdem nach München, besser gesagt in den Landkreis Ebersberg geführt. Durch diesen soll nämlich schon bald der Nordzulauf für den Brennerbasistunnel führen – und stellt somit einen wichtigen Teil des transeuropäischen Eisenbahnnetzes dar. Es handelt sich hier um den Skandinavien-Mittelmeer-Korridor. Er erstreckt sich von Finnland bis in den Mittelmeerraum. Sein Herzstück ist die Alpenquerung: Die Brennerachse zwischen München und Verona. Derzeit ist die Deutsche Bahn auf der Suche nach einer geeigneten Trasse. Hier haben sich die Bürger*innen vor Ort eingebracht und einen eigenen Vorschlag entwickelt – der nun auch von der DB mit in die engere Auswahl gekommen ist. Ebenso ist der Lärmschutz ein großes Thema. Aus diesem Grund habe ich mir auch hier die Lage vor Ort angesehen und mich von den großartig engagierten Menschen vor Ort informieren lassen. Dass solch ein wichtiges Vorhaben von europäischer Bedeutung eklatant wichtig für unsere Mobilitätswende ist, steht außer Frage.
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Ein weiterer, sehr ergreifender Termin fand in Flossenbürg statt. Hier habe ich den Leiter der KZ Gedenkstätte Flossenbürg, Prof. Dr. Jörg Skriebeleit besucht. Da das KZ Außenlager Hersbruck zu Flossenbürg gehörte und auch die Verwaltung der Gedenkorte Hersbruck/Happurg in Flossenbürg stattfinden, hatte dieser Termin einen besonderen Bezug zu meinem Wahlkreis. Neben einem intensiven Gespräch darüber, wie Gedenkarbeit auch in Zukunft funktionieren kann, war der Besuch vor allem ergreifend – und bestärkt mich darin, weiter für eine offene und vielfältige Gesellschaft zu streiten und all jenen den Kampf anzusagen, die diese bedrohen.