Was gibt es neues zur Ukraine?

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine geht nach wie vor weiter und wird immer brutaler, er bewegt uns alle unverändert, die Solidarität und die Hilfsbereitschaft sind weiterhin auf einem berührend hohen Niveau. Meine ganz eigene Arbeit in diesem Feld geht langsam wieder in etwas geregeltere Bahnen über. Dafür ist die große, allgemeine Professionalität der beteiligten Akteure sehr wertvoll (von den Ministerien hier in Berlin über das Deutsche Rote Kreuz, bis hin zu den Kommunen). Ich möchte daher an dieser Stelle auch nicht viel mehr darüber schreiben. Einen Aspekt möchte ich nach manchen Reaktionen auf meine letzten Newsletter aber gerne einmal erklären:

Die Arbeit im Bundestag ist stark arbeitsteilig organisiert, damit die Fülle an zu bearbeitenden Themen in guter Weise bewältigt werden kann. Eine Kollegin beschäftigt sich also vertieft mit Waffentechnik, ein Kollege arbeitet sich durch die Komplexität des Pflegerechts. Eine Physikerin hat technische Fragen rund um die Laufzeiten von Atomkraftwerken im Blick und ein ehemaliger Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation kümmert sich um die medizinische Versorgung in Kriegs- und Krisengebieten. Auch wenn diese Beispiele sich nicht eins zu eins mit der Aufgabenverteilung in der Fraktion decken, sollen sie verdeutlichen, warum diese Arbeitsteilung wirklich hilfreich und sinnvoll ist, damit am Ende eine gute Politik zustande kommen kann.

Meine thematischen Schwerpunkte als Verkehrspolitiker sind innovative Verkehrssysteme und die europäische Mobilität, sowie Fragen rund um den Verbraucherschutz. Als schwuler Standesbeamter wurde ich außerdem von der Fraktion zum stellvertretenden queerpolitischen Sprecher gewählt. Um meine Aufgabe in diesem arbeitsteiligen Alltag auszufüllen, betrachte ich viele Anliegen also aus einer explizit queerpolitischen Perspektive. Mein starker Fokus auf queeren Personen in der Ukraine hat also nichts damit zu tun, dass mich andere Menschen oder Fragestellungen nicht interessieren – sondern damit, dass ich meinen Fachkolleg:innen vertraue, dass auch sie alle ihrer Aufgabe nachkommen und aus ihrer ganz eigenen Perspektive auf diesen Angriffskrieg reagieren. So setzt sich im Ergebnis eine umfassende und detailreiche Politik zusammen, in der idealerweise keine Personengruppe und kein Aspekt dieser Situation unter den Tisch fällt!

Mein Alltag der letzten Wochen

Aktuell überprüfen wir im Verkehrsausschuss den Haushalt und versuchen hier die Gelder gezielt für eine bevorstehende Verkehrswende sinnvoll zu verteilen, vor allem natürlich zu meinen Themen innovative und vernetzte Mobilität, Barrierefreiheit und der europäischen Verkehrspolitik. Das ist wirklich sehr spannend! Dazu aber auch an anderer Stelle mehr. Daneben begleiten mich aber auch weitere diverse Projekte: Das ist einerseits der Nordzulauf zum Brenner-Basis Tunnel im Raum München, der den Lückenschluss für eine große europäische Zugtrasse als Teil der sog. Transeuropäischen Netze darstellen würde. Andererseits setze ich mich gerade mit der Verordnung zum autonomen Fahren auseinander. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auch wenn wir hier noch kleinere Verbesserungen einbringen wollen. Hierfür stehe ich mit verschiedenen Akteur:innen, vor allem den sog. A-Ländern, also den sozialdemokratisch geführten Landesregierungen, im regen Kontakt. So oder so sind wir hier auf dem richtigen Weg: Als Bundesrepublik Deutschland haben wir bereits die progressivste gesetzliche Regelung zum autonomen Fahren in ganz Europa – genau das wollen wir nutzen als Blaupause für eine gemeinsame europäische Regelung.

Als stellvertretender queerpolitischer Sprecher habe ich die letzten Wochen viel Zeit damit verbracht, die großen Verbände und Akteur:innen in diesem Feld kennenzulernen und ihre Sicht auf die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Reformen einzuholen. Dabei hat sich mein Blick auf viele Themen noch einmal verändert oder nachgeschärft: Es macht eben wirklich einen Unterschied, beispielsweise mit intergeschlechtlichen Menschen darüber zu sprechen, was es bedeutet, im Säuglingsalter an den Genitalien operiert worden zu sein – oder einfach ein nüchternes Gesetz zum Verbot ebensolcher Operationen zu bearbeiten. Es macht einen Unterschied, ob ich das Diskriminierungsverbot für queere Personen im Grundgesetz als ein technisches Reformvorhaben bearbeite oder ob ich mit Betroffenen über die vielen kleinen, schiefen Blicke, Beleidigungen und körperlichen Angriffe spreche, die ihnen im Alltag wiederfahren – weil sie nicht dem entsprechen, was andere Menschen als Norm definieren. Und es ist hilfreich, mit den Staatsanwält:innen für queerfeindliche Straftaten darüber zu sprechen, wie schwer es ist, selbst massiven Angriffen auf die persönliche Würde eines Menschen zu begegnen – weil auch das Strafrecht in manchen Bereichen im Moment noch ziemlich lückenhaft ist.

Über die Details all dieser Themen werde ich Dir sicher noch ausführlich schreiben. Wenn sie Dich aber auch persönlich beschäftigen, dann fühl Dich gerne herzlich eingeladen, um in einer meiner nächsten Bürger:innensprechstunden dazu mit mir und meinem Team ins Gespräch zu kommen. 

Parallel zu dieser thematischen Einarbeitung laufen aktuell die Vorbereitungen für die ersten beiden Gesetzgebungsverfahren auf Hochtouren, die ich hauptsächlich betreue. Das bedeutet, Eckpunkte zu formulieren und mit den vielseitigsten Gesprächspartner:innen in der Fraktion und darüber hinaus zu diskutieren. So können wir in den nächsten Wochen die ersten abgestimmten Positionen dazu in der Fraktion erzielen – um sie dann für die ersten Gesetzentwürfe in die zuständigen Ministerien zu geben. Inhaltliche Details und die genauen Abläufe erkläre ich vielleicht lieber ein andermal, damit dieser Brief nicht zu lang wird. Soviel sei aber schonmal gesagt: Es ist aufregend, wenn die Arbeit als Teil „des Gesetzgebers“ jetzt so konkret wird.

Was im Wahlkreis passiert ist:

Die Wahlkreisarbeit in den vergangen zwei Wochen hatte wieder einige spannende Termine zu bieten. Sehr interessant und zugleich beruhigend war mein Termin mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die mich über die Gesundheitsversorgung im Wahlkreis informiert hat. Obwohl auch hier schmerzhafte Einschnitte wie die Schließung des Hersbrucker Krankenhauses oder fachärztlicher Praxen zu beklagen sind, ist die gesundheitliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger sichergestellt und sogar etwas besser, als in vielen weiteren Teilen Bayerns. Trotzdem spielt Ärztemangel und die Debatte über die Betriebswirtschaftlichkeit kleiner ländlicher Kliniken für meinen Wahlkreis eine große Rolle und ich werde das Thema im Blick behalten.

Genauso interessant aber absolut beunruhigend war mein Austausch mit dem Altdorfer Seenotretter Gerald Karl. Gerald ist bereits auf fast allen großen Rettungsschiffen im Mittelmeer unterwegs gewesen und als ehemaliger Marinesoldat, Rettungssanitäter und Krankenpfleger ein absoluter Glücksgriff für jede Crew. Auch unter Kapitänin Carola Rackete war er bereits im Einsatz, um Geflüchtete in maroden Schlauchbooten vor dem sicheren Tod auf See zu retten. Sein Engagement beeindruckt mich schwer und seine Erzählungen hinterlassen bei mir ein furchtbares Gefühl. Ich habe ihm versprochen, niemals wegzusehen und alles mir mögliche zu tun, um den Menschen zu helfen.

Den Weltfrauentag am 8. März habe ich genutzt, um mich mit dem Frauenhaus Schwabach zu vernetzen. Häusliche Gewalt ist weiterhin eines der größten Gesundheits- und Sterberisiken für Frauen und Kinder, größer als Krebs oder Verkehrsunfälle, gerade wenn eine Trennung ansteht. Ganz wichtig zu wissen ist, dass keine Korrelation zur sozialen Schicht besteht, alle können betroffen sein. Der Trägerverein Hilfe für Frauen in Not Roth-Schwabach leistet mit der Interventionsstelle und dem Frauenhaus hier ganz großartige Arbeit. Corona hat die Lage in den Frauenhäusern massiv verschärft, doch es fehlt auch ganz grundsätzlich an Kapazitäten und finanzieller Absicherung durch die öffentliche Hand. Der größte Wunsch der Leiterin Frau Hopperdietzel war jedoch, Kinder beim Thema häusliche Gewalt mehr in den Fokus zu nehmen. Ich werde ihr Anliegen bei der Reform des Kindschaftsrechts mit einbringen.

Direkt im Anschluss ging es nach Harrlach, wo mir die dortige Bürgerinitiative den geplanten Standort des ICE-Werks im Wald gezeigt hat. An mehreren Haltepunkten konnte ich mir ein detailliertes Bild von den Dimensionen und den Auswirkungen machen, die das ICE-Werk hier für Natur und Anwohnende haben würde. Das geplante Werk ist aus verkehrspolitischer Sicht wahrlich das heißeste Eisen im Wahlkreis, da hier auch mehrere der möglichen Standorte liegen. Im Moment wird der Standort Nürnberger Hafen diskutiert, was ich sehr unterstütze. Eine bereits versiegelte Fläche ist jederzeit dem Bannwald vorzuziehen – ich plädiere in jedem Fall für eine vorrangige Prüfung dieser Option.

Auch die Tour durch die Rathäuser des Wahlkreises wurde fortgesetzt: Ich habe mich mit Bürgermeister Thomas Lang in Lauf getroffen. Als Kreistagskollegen haben wir uns vor allem über kommunale Projekte ausgetauscht. Aber auch Themen wie die Bewältigung der Corona Pandemie und die Unterbringung ukrainischer Geflüchteter standen auf unserer Tagesordnung. Ein Heimspiel hatte ich in Altdorf mit Bürgermeister und Genosse Martin Tabor, der mich und mein Team im Wahlkreisbüro besucht hat. Er hat mir über die neusten Themen aus unserer gemeinsamen Heimatstadt berichtet und den ersten Kaffee aus unserer Bürokaffeemaschine probiert. Leider hat er nicht geschmeckt, wir arbeiten dran und freuen uns auf deinen nächsten Besuch, lieber Martin!
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Ich habe mich sehr gefreut, auch meine erste Bürger:innensprechstunde anzubieten. Diese plane ich nun regelmäßig während der Wahlkreiswochen, eine obligatorische Anmeldung ist jederzeit möglich unter jan.plobner.wk@bundestag.de. Zudem wird es ab diesem Jahr voraussichtlich wieder die beliebten Berlinfahrten des Bundespresseamtes geben. Auf Einladung einer oder eines Bundestagsabgeordneten können dreimal im Jahr interessierte Bürger:innen für drei Tage nach Berlin fahren und dort an einem spannenden Programm durch politische und kulturelle Institutionen teilnehmen. Für Kost und Logis entstehen keinen Kosten, lediglich ein geringer Unkostenbeitrag wird fällig. Bei Interesse könnt ihr euch gerne bei meinem Wahlkreisbüro unter jan.plobner.wk@bundestag.de melden. Bei meiner ersten Fahrt im Mai werden unter anderem Genossinnen und Genossen aus Burgthann dabei sein, bei deren Jahreshauptversammlung ich zum Abschluss meiner Wahlkreiswoche ein Grußwort gehalten und über meinen Start als junger Abgeordneter berichtet habe. Es war mir eine Freude!

Das neue Infektionsschutzgesetz

Am vergangenen Freitag hat der Bundestag über die Änderung des Infektionsschutzgesetzes abgestimmt. Dazu möchte ich ein paar Worte loswerden:

Die Pandemie entwickelt sich mit Rekord-Inzidenzen dynamisch und weist einen anhaltenden Aufwärtstrend auf. Deutschland verzeichnet in dieser Woche erstmals die höchsten Infektionszahlen innerhalb Europas.

Diese Infektionslage macht es für mich dringend notwendig, bestimmte Maßnahmen weiterzuführen. Ohne gesetzgeberisches Handeln wären die bisherigen Infektionsschutzmaßnahmen zum 20.03.2022 automatisch ausgelaufen. Es wäre aus meiner Sicht notwendig gewesen, diese Maßnahmen zu verlängern, um die Kontinuität in der Pandemiebekämpfung sicherzustellen. Über ein solches Vorgehen konnte jedoch kein Einvernehmen erzielt werden. Das bedaure ich sehr.

Innerhalb der Koalition konnten sich die Ampel-Parteien mit dem vorliegenden Gesetzentwurf lediglich auf ein Mindestmaß an Basismaßnahmen einigen. Dieser Kompromiss war notwendig, weil sonst die bestehende gesetzliche Grundlage für alle bisherigen Infektionsschutzmaßnahmen ersatzlos ausgelaufen wäre. Somit hätten die Länder überhaupt keine Maßnahmen mehr zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie zur Verfügung. Das hätte gravierende Folgewirkungen für die epidemische Lage und die Situation in den Krankenhäusern.

Aus diesem Grund stimme ich dem vorgeschlagenen Gesetzentwurf zu, weil nur so immerhin ein Minimum an Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung erhalten werden kann. Gleichzeitig möchte ich klarstellen, dass ich das Nicht-Verlängern der bisherigen Maßnahmen und das Drängen der FDP hierzu für einen Fehler halte. Als Abgeordneter des Deutschen Bundestages möchte ich den Menschen, nach sorgfältiger und gewissenhafter Abwägung, meine Zustimmung zur allgemeinen Impfpflicht erklären und allgemein in Bezug die Pandemie konsistent kommunizieren. Dass ich mich nun gezwungen fühle, diesem halbgaren Kompromiss zum Infektionsschutzgesetz zuzustimmen, macht etwas mit mir: Ich habe den Eindruck, nicht konsequent sein zu können, in dem was jetzt an Maßnahmen notwendig ist – und so eben auch nicht konsequent darin sein zu können, den Menschen meine Entscheidungen zur wirksamen Pandemiebekämpfung zu erklären. Das bedaure ich sehr.

Hintergrund: Der Expert:innenrat der Bundesregierung hat in seiner 8. Stellungnahme mit Nachdruck für gesetzliche Rahmenbedingungen plädiert, die auch weiterhin ad hoc verfügbare Instrumente des Infektionsschutzes bereitstellen, um in den Ländern unverzüglich Infektionsschutzmaßnahmen umsetzen zu können. Die Sachverständigen der Öffentlichen Anhörung vom 14.03.2022 zum vorliegenden Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag haben davor gewarnt, die aktuelle Dynamik des Pandemiegeschehens auf die leichte Schulter zu nehmen. Die deutliche Mehrzahl hat sich dafür ausgesprochen, die bestehenden Möglichkeiten für die Länder, Infektionsschutzmaßnahmen zu ergreifen, nicht einzuschränken. Insbesondere wurde auf die Bedeutung der Maskenpflicht (z.B. in Innenräumen, wie dem Einzelhandel oder Schulen) und von Hygienekonzepten verwiesen. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen hat das Maske-Tragen eine hohe Wirksamkeit und stellt nur einen geringen Eingriff in die individuelle Freiheit dar. Diesen Erkenntnissen hätten wir als SPD-Bundestagsfraktion gern vollumfänglich im Infektionsschutzgesetz Rechnung getragen.